CDs
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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
POP
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Robert Cray Band
IN MY SOUL
Ptovogue/Rough Trade CD (auch als LP)
(49’)
ö Zeigt keine Ermüdungser-
scheinungen: Robert Cray
Im 40. Jahr ihres Bestehens lässt
die Robert Cray Band keine Ermü-
dungserscheinungen
erkennen.
Knackig wie eh und je offe-
rieren die US-Amerikaner auf
dem mittlerweile 21. Long-
player ihren patentierten Mix
aus Blues, R&B und Soul. Zu
den Höhepunkten gehören
neben der Gänsehautballade
„Hold On“ mehrere Covers.
So steht etwa die beherzte
Neufassung von „Your Good
Thing (Is About To End)“ Lou
Rawls Hit von 1969 in nichts
nach. Und in der großartigen
Bearbeitung von „Deep In My
Soul“ verneigt sich Robert
Cray voller tief empfundener
Dankbarkeit vor dem im letz-
ten Jahr gestorbenen Bobby
„Blue“ Bland.
hake
Mit ihrem Debüt „Navega“ entpupp-
te sich Mayra Andrade 2007 als
Neuentdeckung der kapverdischen
Inseln. Auf ihrem sympathischen
vierten Album zeigt sich die 29-jäh-
rige Sängerin reifer und vielfältiger
denn je. „Lovely Difficult“ erweitert
die Klänge ihrer Heimat um Rock,
Blues, Afro, Samba und Reggae. Sie
singt dazu nicht nur auf Kreol, wie in
ihrer leidenschaftlichen Hommage
auf ihre Heimat „Ilha De Santiago“,
sondern auch in Französisch und
Englisch. In der bittersüßen Eigen-
komposition „A-Mi N Kre-U Txeu“
kostet Andrade die traditionellen
Melodien aus, während „Rosa“ als
Reggae mit brasilianischem Akzent
überrascht.
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Neil Finn
DIZZY HEIGHTS
Lester/Rough Trade CD (auch als LP erhältlich) (47’)
Vieles auf dem treffend betitelten
dritten Solowerk von Neil Finn wür-
de sicher gut zu Filmszenen passen,
in denen jemand in luftiger Höhe
schwebt. Klanglich gesprochen
trägt der Neuseeländer den Kopf
hier hoch in den Wolken, setzt
in brauchbaren Liedern ganz auf
psychedelisch verhallte Poprock-
Sounds und fluffige Abmischungen
von US-Producer Dave Fridmann
(Mogwai). Dass er bei so viel „Ab-
gehobenheit“ nicht im freien Fall
zu Boden stürzt, dafür sorgten im
Studio Gattin Sharon (Bass) und
die Söhne Liam (Gitarre) und Elroy
(Drums). Seine Familie gab Finn
die Erdung, um seine Fantasien
umzusetzen.
hake
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Joan As Police Woman
THE CLASSIC
Play It Again Sam/Rough Trade CD
(52’)
Normalerweise läuft es ja so, dass
unverkäufliche Avantgarde-Ideen
so lange glattpoliert werden, bis
sie der Markt an den Mann
bringen kann. Joan Wasser
geht den Weg auch auf dem
famosen fünften Longplay
wieder in die entgegenge-
setzte Richtung, sie kratzt an
Mainstream-Musikgenres so
lange herum, bis diese ihre
Ecken und Kanten zurückha-
ben. Egal ob Reggae („Ask
Me“), Motownsoul mit Blä-
serakzenten („Shame“) oder
DooWop („The Classic“) - bei
der „Polizistin“ tönt alles
aufregend anders. Nathan
Larson (Shudder To Think)
und Joseph Arthur begleiten
sie auf ihrer unorthodoxen
Mission.
hake
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in
Aufregend anders:
Joan Wasser
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
Temples
SUN STRUCTURES
PIAS CD (auch als LP erhältlich)
(53’)
Das mit dem „retro-futuristisch“
im Pressewaschzettel ist so zu ver-
stehen, dass dieses Quartett sich
des Rückgriffs auf die Vorbilder aus
der Hochblüte der psychedelischen
Rockmusik nicht schämt und da-
von überzeugt ist, deren Tradition
zukunftsweisend fortzuführen. Da
erinnert der komprimierte Ricken-
backer-Klang des „Shelter Song“
an Byrds, anderes an Beatles der
„Revolver“- und „Sgt. Pepper“-Ses-
sions, an Acid-Folk- und jene Raga-
Rock-Bands, die drogeninduzierte,
aber immer melodisch inspirierte
Popsongs spielten. Wo Tame Im-
pala bisweilen auf den Spuren von
Lennons „Tomorrow Never Knows“
experimentieren, gestatten sich
Temples
zwischendurch
schon
mal einen Abstecher in Marc Bo-
lan-Glamrock, den mit arabischer
Folklore anfütternd.
Wie Acid Folk pur klingt „Move
With The Season“, eine späte Flo-
wer-Power-Hymne, die Folk Music
mit LSD-inspiriertem Pop vermählt
und von der Band auch in vielstim-
migem Gesang vorgetragen wird.
Was die Texte angeht, frönt sie in der
Nachfolge einschlägiger Vorbilder
mittel- bis fernöstlichem Mystizis-
mus bei Songs wie „A Question Isn’t
Answered“. Dabei kommt sie aber
zumindest nicht zu so schlichten
Erkenntnissen wie einst Eric Burdon
und die New Animals in ihrer LSD-
Zeit mit „All Is One“.
Leider kam die Band nicht auf die
Idee, einen ihre Ambitionen kon-
genial umsetzenden Produzenten
und Tonmeister zu verpflichten.
Die
pauschale, weithin
gleich-
förmige, öfter exzessiv mit Hall
arbeitende Produktion nährt den
Verdacht: Temples haben nicht ganz
verstanden, dass es sich bei den
Meisterwerken der Psychedelic-Ära
wie „Strawberry Fields Forever“
immer um höchst originelle, sehr
sorgfältige und deswegen auch mal
einzigartige Produktionen handelt.
Franz Schöler
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STEREO 4/2014 123